Was genau ist deine Aufgabe?
Walter Ich bin Berater, Dienstleiter und Kontrolleur in einem. Als Revierförster bin ich zuständig für Privatwälder und jene von kleineren Korporationen in den Gemeinden Cham, Zug, Baar, Walchwil und Unterägeri. Ich unterstütze die Besitzer:innen bei der Waldbewirtschaftung, auch Waldmodellierung genannt, und der Holzvermarktung. Im Bereich Naturgefahren prüfe ich beispielsweise auch Bachläufe vor der Gewittersaison. Und zwischendurch begleite ich Schulklassen und zeige den Kindern, wie spannend das Leben im Wald sein kann.
Du arbeitest also immer an der frischen Luft?
WalterJa, ich bin viel draussen. Das war mir bei der Berufswahl wichtig: Ein reiner Bürojob wäre nichts für mich. Aber etwa ein Drittel meiner Arbeit erledige ich im Büro. Insgesamt ergibt das eine gute Mischung.
Du hast die Waldmodellierung erwähnt. Was ist das?
Walter Das gehört zu meinen Lieblingsaufgaben – und ist auch eine der wichtigsten. Beim Modellieren des Waldes überlege ich zusammen mit den Waldbesitzer:innen, wie sich der Wald entwickeln soll. Soll er zum Beispiel vorwiegend der Holzproduktion dienen, also hochwertiges Holz produzieren? Oder setzten die Besitzer:innen mehr Wert auf Naturschutz und eine ausgeglichene Biodiversität?
Gibt es noch weitere Funktionen, die im Vordergrund stehen können?
WalterSchutz- oder Erholung spielte auch oft eine wichtige Rolle. Im Städtlerwald zum Beispiel steht die Erholungsfunktion an erster Stelle; somit hat die Sicherheit für Waldbesucher hohe Priorität. Bei allen Massnahmen steht jedoch immer die Nachhaltigkeit im Fokus: Der Holzzuwachs und die Ernte müssen im Gleichgewicht bleiben und die Funktionserfüllung muss langfristig möglich sein. Ein Wald ist immer multifunktional – er erfüllt mehrere Aspekte gleichzeitig, wenn auch nicht alle im selben Ausmass.
Wie oft greifst du in einem Wald ein?
WalterDie Zeit zwischen zwei Eingriffen beträgt je nach Standort und Höhenlage zwischen 6 und 15 Jahren. Man spricht von einem Turnus. Manchmal kann ein Eingriff wegen ungünstigem Wetter nicht gemacht werden und muss dann ein Jahr warten. Es kann auch sein, dass unerwartet etwas gemacht werden muss – wegen Unwetter oder Krankheiten.

Wie stark bestimmen die Waldeigentümerinnen und -eigentümer mit?
WalterEine enge Zusammenarbeit ist mir wichtig. Ich entscheide nicht im Alleingang, was mit einem Wald passiert und wie er sich entwickeln soll. Ist es für ein Stück Wald wieder Zeit für einen Eingriff, nehme ich mit den Besitzern Kontakt auf oder sie melden sich bei mir. Wir treffen uns meistens vor Ort, schauen die Situation an und besprechen, was wir tun sollen. Wir nutzen die Gelegenheit auch, um unsere letzten Eingriffe anzuschauen. Ist unser Plan aufgegangen? Ich möchte, dass die Besitzerinnen und Besitzer die Schritte verstehen und mittragen. Glücklicherweise klappt die Zusammenarbeit sehr gut.
Lohnt es sich, in der Schweiz Wald zu besitzen?
WalterEs kommt darauf an, was «lohnen» heisst. Aus wirtschaftlicher Sicht lohnt es sich nicht unbedingt und nicht überall. Die Nachfrage nach Schweizerholz ist momentan zwar sehr hoch, die Preise haben jedoch Entwicklungspotenzial. Dies liegt vor allem an günstigen Angeboten aus dem Ausland. Doch ein Wald bietet mehr als wirtschaftlichen Mehrwert. Er leistet einen wichtigen ökologischen Beitrag. Wie schon erwähnt, fördert er die Biodiversität, bietet Lebensraum für viele Pflanzen- und Tierarten, produziert dauernd einen nachhaltigen, ökologischen Rohstoff und ist auch einfach so etwas Wunderbares.
Was machen Waldbesitzer und -besitzerinnen, wenn sie besonderen Wert auf Biodiversität legen wollen, sich das wirtschaftlich jedoch nicht lohnt?
WalterAuch da kann ich Lösungen anbieten. Bei besonderen Standorten mit Biodiversitätsvorrang können Ziele und Massnahmen vertraglich geregelt und öffentlich unterstützt werden. In einem solchen Fall reiche ich das Vorhaben als Projekt beim Kanton ein. Sind die Bemühungen erfolgreich, gleicht die öffentliche Hand allfällige Mehrkosten aus. Gleiches gilt auch für Wälder mit besonderer Schutz- oder Erholungsfunktion. Das soll auch motivieren, die nötigen Eingriffe rechtzeitig und wirkungsvoll auszuführen.

Was ist für dich die Essenz deiner Tätigkeit?
WalterWaldbau ist eine zeitlose Geschichte. Die erfolgreichen Bewirtschaftungsformen sind schon über 100 Jahre alt. Ich durfte ein Teil dieser zeitlosen Entwicklung sein. Das Beste ist jedoch der Kontakt mit den Leuten. Ich habe mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun. Diese Kontakte sind extrem abwechslungsreich.
Wie lange machst du diese Arbeit schon?
WalterInsgesamt seit 35 Jahren. Ich habe also schon viele Turnusse miterlebt und freue mich, wie sich die Wälder entwickelt haben. Doch in vier Jahren werde ich pensioniert und die meisten Waldstücke besuche ich zum letzten Mal.
Was erhoffst du dir für die Zukunft?
WalterIch wünsche mir eine gute Übergabe und Übergabezeit für meine Nachfolge. So kann diese Person bereits angestossene Entwicklungen übernehmen und weiterführen. Ich kann mir auch vorstellen, am Anfang noch beratend zur Verfügung zu stehen – wenn es das braucht. Doch eins ist sicher: Ich werde auch nach meiner Pensionierung viel Zeit im Wald verbringen.

Welche Aufgaben hat Walter bei der Waldbewirtschaftung?
1. Kontaktaufnahme und Beratung
Walter nimmt mit dem Waldeigentümer Kontakt auf, um die nötigen Massnahmen zu besprechen. Gemeinsam bestimmen sie, wie sich das Waldstück entwickeln soll und welche Massnahmen dafür nötig sind.
2. Anzeichnen
Walter achtet darauf, dass in einem Waldstück verschiedene standortgerechte Baumarten gedeihen. Beim Anzeichnen überlegt er sich bereits, wie ein Baum gefällt werden soll – denn andere Bäume sollten dabei möglichst unbeschädigt bleien.
3. Holzernte
Sofern gewünscht, organisiert Walter für die Holzernte ein entsprechendes Unternehmen. Er arbeitet gerne mit verschiedenen kleineren Unternehmen zusammen, denn oft wird in vielen Waldstücken gleichzeitig gearbeitet.
4. Klassieren und Einmessen
Sind die Bäume gefällt und liegen am Waldstrassenrand, hält Walter bei den Stämmen die Holzart, -qualität und -menge fest. Diese Information nutzt er für die Vermarktung.
5. Vermarktung
Die Nachfrage nach Schweizerholz ist aktuell sehr gross. Verschiedene Unternehmen, meistens Sägereien, kaufen das Holz für die Weiterverarbeitung. Walter kontrolliert und unterstützt den Ablauf.
6. Projekte einreichen
Gibt es für ein Waldstück ein bestimmtes Ziel, wie zum Beispiel Förderung von Biodiversität oder Naherholung, kann Walter beim Kanton ein Projekt einreichen. Dabei begleichen der Kanton und der Bund die wirtschaftlichen Mehrkosten.