Immer am Freitag- und Samstagabend von 21 Uhr (in der Winterzeit ab 20 Uhr) bis nachts um 2 wird die Karaoke-Bar Maybe zum Eldorado für passionierte Sänger:innen. Die Bar liegt unauffällig im zweiten Obergeschoss eines Gewerbegebäudes an der Knonauerstrasse. Von der Strasse aus sieht man allenfalls den kleinen Leuchtschriftzug oben am Fenster. Aber das ist kein Problem: Wer das «Maybe» besucht, weiss genau, wohin er will!
Die Bar braucht keine Werbung. In der Szene der Karaoke-Begeisterten ist sie längst weit über die Grenzen des Kantons bekannt und sehr beliebt. «Wir bieten im ‹Maybe› die Möglichkeit für gepflegtes Karaoke-Singen,» beschreibt Manfred Bucher, Gründer und Inhaber der Bar, sein Angebot. «Hier gibt es keine Alkoholexzesse und kein Gegröle. Dafür eine bunte Auswahl von Titeln, bekannte Songs und Exoten.»
Freitagabend, Ortstermin
Es ist kurz nach 20 Uhr. Dafür, dass die Bar gerade erst geöffnet hat, ist schon ordentlich was los: Eine Gruppe englischsprachiger Frauen macht einen Selbsttest, ob sich Karaoke für die Geburtstagsparty ihrer Tochter eignet. Anfangs noch etwas zurückhaltend – zuerst singen die Ladies im Pulk, werden dann aber immer mutiger –, steigt die Stimmung hier stetig. Und schnell bewahrheitet sich Manfreds tiefe Überzeugung: Singen macht einfach gute Laune. Das sehen auch zwei Girls so, die heute Abend mit Ausnahmebewilligung hier sind – Zoe aus Walchwil feiert heute ihren 15. Geburtstag (sonst gilt Mindestalter 16). «Ich habe zu Hause schon viel Karaoke gemacht und ich liebe es!» Deshalb hat sie, nachdem sie das «Maybe» im Netz entdeckt hat, ihre Freundin hierher eingeladen. Heute ist sie ganz im Flow: Lied für Lied wählen die beiden zusammen aus und singen sich dann ins Glück.
Schön der Reihe nach
Im Laufe des Abends wird die Wartezeit immer länger, denn es gilt die Regel «Immer nur ein Lied auf einmal». Zur Wahl stehen über 75 500 Titel in mehr als 10 Sprachen, darunter selbstverständlich auch Hits in Schweizer Mundart wie von Gölä oder Züri West. An diesem Abend erklingen weniger bekannte Songs, ein Hinweis, dass die Gäste woanders herkommen.
Karaoke schafft Freundschaften
Mit fortschreitender Stunde füllt sich der Raum. Immer neue Gäste verschiedenen Alters begrüssen sich herzlich. Man kennt sich hier. Einer von ihnen ist Olaf (37) aus Luzern. Er hat das «Maybe» über seine Schwester entdeckt, die in Hagendorn wohnt: «Ich singe eigentlich immer und überall, Singen ist meine Leidenschaft. Früher war ich regelmässig hier.» Immer wieder verschwindet er ans Mikro und beeindruckt mit einer vielseitigen Songauswahl. Olaf erzählt, dass man im «Maybe» leicht in Kontakt kommt, oft verabredet man sich auch über einen Chat. «Ich komme auch allein, denn ich treffe hier immer jemanden.» Die Musik verbindet, und so gibt es, je länger der Abend dauert, auch Auftritte im Duett oder gar zu dritt. Auch Manfred lässt sich da nicht lange bitten.
Grosse musikalische Vielfalt
Manfred hat seine Musikauswahl mit den Jahren immer weiter ausgebaut. Grundlage ist das webbasierte Portal Karafun aus Frankreich, das Songs aus aller Welt zur Verfügung stellt. Das System bietet zusätzliche Möglichkeiten: Basis ist der mitlaufende Text in Echtzeit. Ausserdem können Begleitstimmen eingespielt oder ausgeblendet werden, man kann das Tempo anpassen und auch die Tonart verändern und so an die Stimme der Karaoke-Sänger:innen anpassen. Als alter Hase hat Manfred viele zusätzliche Tipps auf Lager und tut alles dafür, Leute zu ihrem ersten Versuch zu ermutigen. «Wenn es hilft, setze ich mich auch daneben und singe einmal mit.» Wichtig ist es, einen Anfang zu machen. Wer Ehrgeiz entwickelt, übt manchmal auch zu Hause. So könne man herausfinden, welche Musik der eigenen Stimmlage besonders gut entspricht. Bei ihm sind das Elvis, Udo Jürgens und Bruce Springsteen.

Eine Chance für alle
Die beiden PC-Stationen, an denen seine Gäste ihren Lieblingssong nach Titel oder nach Interpreten suchen und auswählen, sind ständig umlagert. Mit dem gezahlten Eintritt hat jeder Gast pro Abend das Recht auf drei Songs. Das funktioniert nur dank der Regel «Wählen, Warten, Singen». So ist sichergestellt, dass auch an vollen Abenden jede:r eine Chance auf den Platz am Mikro bekommt. Je nach Mut gibt es zwei Möglichkeiten: Man kann mit dem Rücken zum Publikum sitzen – mit gut lesbarem Text auf einem grossen Bildschirm – oder sich in der Aufmerksamkeit der wohlwollenden Zuhörerschaft sonnen. Der Applaus ist sowieso gewiss. Mut wird belohnt. «Bei uns darf jeder und jede singen! Niemand muss eine speziell ausgebildete Stimme haben. Der Spass steht immer im Mittelpunkt!», betont Manfred, der wahlweise die Musik organisiert oder an der Bar Getränke ausgibt. «Ich betreibe diese Bar aus purer Freude! Es ist mir nicht wichtig, dass sie einen Gewinn abwirft, deshalb ist der Eintritt mit 5 Franken sehr moderat und die Preise für Getränke sind fair.» Fair dürfen dann auch die Gäste sein; mitgebrachte Verpflegung ist unerwünscht.
Ein schwieriger Start
Das «Maybe» hatte es zu Beginn nicht leicht. Manfred Bucher fand den Raum im Rohbau und hat ihn nach seinen Wünschen gestaltet und eingerichtet: rote Wände mit vielen aufgehängten Instrumenten, die er alle selbst spielen kann. Eine grosse Lounge für Gruppen, Tische, an denen man auch essen könnte (das Catering bietet der gelernte Koch selbst an), und in der Bühnennische ein grosses Sofa und Tische mit Stühlen für den Fanclub. «Im Laufe des Abends sammeln sich die Gäste meist hier.» Auch von der langen Bar aus hat man einen guten Blick auf das Geschehen.
Was den Start erschwerte, waren die Einsprachen aus der Nachbarschaft: Angst vor Verkehr, Ruhestörung, Alkoholexzessen und womöglich Prostitution. «Es hat mich Nerven und viel Geld gekostet, mich durchzusetzen. Ich habe nicht aufgegeben, das Konzept immer wieder angepasst und schliesslich recht bekommen.» Dass er von Anfang an nicht auf Gewinn aus war – die Bar war immer schon nur zwei Abende pro Woche geöffnet –, traf auf Unverständnis. «Das ist heutzutage nicht mehr zu vermitteln», so der inzwischen 72-jährige Pensionär, der es seit 13 Jahren geniesst, mit seiner Leidenschaft Gleichgesinnte willkommen zu heissen.
Offen für mehr
Daneben ist Manfred für spezielle Anfragen immer zu haben: So kann man am Wochenende, aber auch an jedem anderen Abend das «Maybe» auch für eine geschlossene Gesellschaft buchen – wenn man möchte, auch mit Catering, das man mit dem Chef absprechen kann. Ein lustiger Abend ist auf jeden Fall garantiert.
Aktuelle Infos, auch zu geschlossenen Gesellschaften, unter:
karaoke-maybe.ch
