Peter treffe ich vor seinem Haus in Hünenberg See und es dauert keine Minute, bis mir klar ist: Das ist ein Macher. In der Garage eine voll ausgestattete Werkstatt, im Lager stapeln sich Wachsblöcke, Ersatzteile für Bienenstöcke und jede Menge Utensilien. Die Imkerei hat längst auch räumlich Einzug in sein Zuhause gehalten. Heute stehen die Futtervorratskontrollen bei all seinen Bienenvölkern an. Wir beladen das Auto mit allem, was wir dafür brauchen, inklusive einer Kiste voller Honigwaben.
Station 1: Freudenberg
Unsere erste Station ist ein Bienenstand in Freudenberg, Risch. Vor dem geöffneten Kofferraum rüsten wir uns aus: Handschuhe an, Schleier über den Kopf, Stockmeissel rechts, Raucher links, das Abenteuer beginnt. Die Bauweise des Bienenstocks ist durchdacht und hat sich über Jahrhunderte bewährt. Wir beginnen, ihn vorsichtig zu öffnen: beschwerenden Stein abheben, Aluminiumhaube entfernen, Dämmplatte herausnehmen. Nur noch eine durchsichtige Folie trennt uns vom summenden Innenleben. Wärme steigt auf. Sie stammt allein von der Bewegung der Bienen. Wie bei einem Joghurtdeckel heben wir die Folie am Rand leicht an und geben mit dem Raucher ein paar sanfte Stösse hinein. Ein kurzes, lautes Brummen, dann kehrt wieder Ruhe ein. Peter zeigt mir, wie er die Futterwaben kontrolliert. Mit einem gezielten Karateschlag auf den herausgezogenen Holzrahmen entfernt er die darauf sitzenden Bienen, schnell und effizient, ohne Aufruhr. Ist eine Wabe leer, wird sie durch eine noch volle Honigwabe ersetzt. Diese wird leicht angeritzt, damit die Bienen das verbliebene Futter schneller finden. Peters Weg in die Imkerei war übrigens alles andere als geplant: Eigentlich hatte sich seine Frau zu einem Imkerkurs angemeldet. Kurz darauf wurde sie jedoch schwanger und stellte fest, dass sie eine Bienenallergie hat. Peter übernahm und blieb dabei. Heute ist der Betriebsökonom einer von vier Bieneninspektoren im Kanton Zug.

Station 2: Rütihof
Am Rütihof stehen mehrere Bienenstöcke geschützt unter einem Scheunendach. «Willst du den Schleier nicht ablegen?», fragt Peter. Der sei unter Imkern eher verpönt und er traue mir das zu. Ich bin dankbar, denn ohne Schleier ist der Blick klarer, das Erlebnis unmittelbarer. Erstaunlich, wie wenig sich die Bienen durch unser Tun stören lassen. Selbst der kräftige Schlag auf die Wabe bleibt ohne Folgen, solange man sich nicht in ihre Anflugschneise stellt.
Peter zeigt mir eine alte Jauchenpumpe. Sie hat die idealen Masse für ein Bienenvolk und jeden Sommer nistet sich hier ein neuer Bienenschwarm ein. Überlebt hat bisher keines. Warum? Das bleibt Spekulation. Nördlich der Alpen war ganz früher Apis mellifera mellifera heimisch. Im Kanton Zug wird jedoch mit der Carnica-Biene aus Kärnten gearbeitet, einer robusten, gut angepassten Art. Es gibt auch andere Züchtungen wie die Buckfast-Biene oder auch die Italienische Biene.
Es kommt leider immer mal wieder vor, dass im Winter ein Volk abstirbt. Dazu züchtet Peter jedes Jahr neue Völker als Reserve. Dafür bildet er zunächst ein Volk mit einer Brutwabe ohne Königin, mischt Bienen von mehreren Völkern hinzu. Die Bienen ziehen dann von selbst eine neue Königin in einer sogenannten Weiselzelle nach. Eine Zelle mit einer sehr jungen Bienenmade wird statt mit normalem Futter mit Gelée royal gefüttert. Peter züchtet zusätzlich Königinnen, welche er auf der Belegstation Hürital in kleinen Bienenvölklein in Unterägeri begatten lässt, dort warten rassenreine Drohnen, um die jungen Prinzessinnen zu begatten.

Station 3: Talacker
Im Auto hängt noch eine leichte Rauchwolke. Ob es der Rauch ist oder die gleichmässige Arbeit mit den Bienen, ich fühle mich entspannt, während wir zum nächsten Standort fahren: Talacker, ein malerisches Gehöft mit historischem Speicherhaus. Hier durfte Peter ein ehemaliges altes Bienenhaus umbauen. Besonders clever: Die Läden lassen sich dank alter Metallkugeln, früher fürs Kugelstossen verwendet, über ein Gegengewichtssystem mühelos anheben. Auch hier steht der routinierte Kontrollblick an. Eine der Waben zeigt erste Anzeichen von Schimmel, kein Grund zur Panik. Die Bienen erzeugen Wärme, diese trifft auf kalte Luft, es entsteht Feuchtigkeit. Schimmel kann sich bilden, wird aber meist vom Volk selbst beseitigt.
Als wir den Stand wieder verschliessen, ist Peter etwas nachdenklich gestimmt. Einige Völker sind schwächer als erhofft. Bio-Imkerei ist kein Selbstläufer. Auf chemische Mittel zum Beispiel gegen die Varroamilbe wird in der Imkerei in der Schweiz generell verzichtet. Im Schnitt sterben in der Schweiz etwa 10% der Völker, in den USA sind es um die 50%.
Auch beim Winterfutter geht er konsequent den Bio-Weg. Im Winter müssen die Honigbienen mit Zucker versorgt werden, da man ihnen den natürlichen Wintervorrat entzogen hat. Statt billigen Zucker füttert er hochwertige Varianten, rund 20 Kilo pro Volk, bei insgesamt 40 Völkern. Die Kosten sind etwa drei Mal so hoch wie bei konventionellem Kristallzucker. Ein weiteres Problem: menschliche Aktivitäten wie die industrielle Landwirtschaft oder das fortschreitende Überbauen unserer Heimat. Nach der Frühjahrsblüte fehlt es an kontinuierlichem Nahrungsangebot. Obstplantagen oder Rapsfelder liefern zwar reichlich Blütenstaub, aber nur für kurze Zeit. Danach folgt eine blütenarme Periode. Was für Heuschnupfengeplagte das Ende der Saison bedeutet, ist für Bienen der Start in eine Zeit des Mangels. Peter bringt seine Bienenvölker deshalb im Sommer auf die Alp nach Klosters, dort finden sie auch in den warmen Monaten ein vielfältiges Blütenangebot. Ebenso wie eine Viehherde sind Honigbienen eine vom Menschen domestizierte Art und Teil seines Schaffens. Trotzdem geben sie wertvolle Hinweise auf den Zustand unseres Ökosystems.
Und was könnte langfristig helfen? «Einheimische Bäume», sagt Peter. Die Natur brauche Dreidimensionalität. Eine grüne Wiese allein sei aus ökologischer Sicht wenig wertvoll. In dieser Hinsicht, findet er, sei Cham eine Vorzeigegemeinde.

Fazit
Im Zythus angekommen, verabschiede ich mich von Peter. Besonders beeindruckt hat mich die Ruhe der Bienen, keinen einzigen Stich habe ich davongetragen, obwohl wir ihnen so nahe waren. Und ebenso faszinierend: die Vielschichtigkeit dieses Hobbys, das wie kaum ein anderes mit unserer Heimat verwoben ist.
Hat dich dieses Thema gepackt und möchtest du mehr über die Imkerei und Bienen erfahren? Dann empfehle ich dir, Peters Blog einen Besuch abzustatten.